|
|
Rot
Rosmarie hatte ihr halbes Leben damit zugebracht, einen Teil ihrer selbst zu verleugnen. Sie hatte ihre Sehnsüchte so sehr unter Kontrolle gebracht, dass sie sie fast vergessen, oder aber zumindest fast vollständig verdrängt hatte. Dieses leise, fast schon schmerzhafte Ziehen in ihrem Herzen - und zuweilen auch in ihren Lenden wenn sie von außen daran erinnert wurde, was sie eigentliche begehrte - sie lernte, es geschickt zu ignorieren.
Bis zu jenem Tag, als sie Michelle das erste Mal sah. Das Erste, was sie wahrnahm, war Rot. Michelles langes, leuchtendes, feuerrotes Haar, ihre Lippen, so dunkelrot wie schwerer süßer Rotwein und ihre Aura, die sie wie ein stilles, stetes Glühen umgab. Michelle. Rosmarie konnte sich an jede Kleinigkeit, jedes noch so winzige Detail erinnern. Wie sie da stand, das Haar im Wind, der grüne Trenchcoat getupft vom Regen und dieses Glühen, das von ihren, von der Kälte geröteten, Wangen ausging und sich dann aber warm und weich um ihren ganzen Körper schmiegte.
Rosmarie spürte jäh ein starkes Ziehen, ein flüchtiger Blick in Michelles Augen genügte und all die Jahre unterdrückter Sehnsucht krochen in ihr empor und entzündeten sich lichterloh. Als hätte sie nur auf Michelle und ihr leuchtend rotes Haar, ihre glühende Aura gewartet. Als hätte sich ihr Herz, ihre Seele, ihr Körper all die Jahre nur für diesen einen Moment aufgespart um dann in Flammen aufzugehen. Dornröschen, aufgeweckt aus einem fast tödlich tiefen Schlaf.
Michelle. Da vor ihr am Kiosk, eine Zeitung und ein Päckchen Kaugummi kaufend. Sie selbst war nur aus dem Büro gelaufen um sich ein wenig die Zuckervorräte ihrer Schreibtischschublade zu füllen und dann stand SIE da und Rosmarie war wie vom Donner gerührt. Sie musste etwas tun. Hier und jetzt. Doch es war unmöglich, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen oder gar zu sprechen. Sie war wie gelähmt, gefangen in ihrem Feuer, fixiert auf dieses Rot. Diese Haare, diese sinnlichen Lippen, dieses kosmische Glühen.
Und kaum hatte sie sichs versehen, stand sie alleine vor dem Kiosk und musste sich ein paar ungeduldige Sprüche vom fröstendeln Verkäufer anhören. Sie war fort, dieser Traum, dieser Zündfunke für Rosmaries ganzes Denken und Fühlen, war einfach mit Zeitung und Kaugummi entschwunden. Rosmarie deckte sich fahrig mit sauren Pommes, jeder Menge Schokoriegel und einer absolut unnützen Frauenzeitschrift ein, in der Hoffnung, dieses dumpfe Pochen zwischen ihren Schenkeln würde genauso schnell wieder abebben wie es begonnen hatte.
Doch nach vier weiteren Stunden Arbeit und dem vernaschen fast sämtlicher neuerworbener Vorräte war es immer noch da. Leise, aber fordernd sendete es seine Botschaft an Rosmaries Hirn. Du musst sie wiedersehen, und Rosmaries Herz ergänzte nur ein unbedingt.
Verdammt. All die Jahre über hatte sie so ein herrlich geregeltes Leben geführt. Nicht sehr aufregend, aber das war ihr auch ganz recht so, nicht übermäßig glücklich, aber sie hatte sich daran gewöhnt. Alles ging seinen üblichen Gang und das war gut so. Und plötzlich war da dieses Glühen. Magie, rot-golden an einem sonst so ganz eisig-grauen Herbstttag.
Sie hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden, was wollte es also jetzt noch von ihr? Dieses Leuchten - Rosmarie schüttelte den Kopf. Sie musste dieses Sehnen wieder in die hinterste Ecke ihres geheimen Gartens verbannen. Sie würde diese Frau wahrscheinlich nie wieder sehen. Und wenn doch, dann würde sie ihr, mit ihren straßenköterblonden Haaren, ihrer pummeligen Figur und dem doch eher konservativen Äußeren gar nicht auffallen. Und selbst wenn, was hieß das schon. Wahrscheinlich war sie glücklich verheiratet, hatte zwei Kinder und einen ganz netten Halbtagsjob und war ganz weit davon entfernt, sich in eine etwas zu üppig geratene graue Maus wie sie zu verlieben. Nein, Rosmarie musste den Gedanken an eine rosige - oder auch rote - Zukunft streichen.
Doch das konnte sie nicht. Nachts waberte Michelle mit ihrer glühenden Aura durch ihre Träume und tags verspürte sie das Pochen und Ziehen und Sehnen, was ihre Ausflüge zum Kiosk zu einem täglichen Ritual werden ließ. Sie musste sie wiedersehen.
Doch das Wiedersehen ließ auf sich warten und als es schließlich doch passierte, traf es Rosmarie fast genauso unerwartet und heftig wie beim ersten Mal. Rosmarie hatte sich von ihren Arbeitskolleginnen zu einem Single-Silvester unter Freundinnen überreden lassen ud sie waren in diesen dämlichen, überteuerten Club gefahren, in dem sich Rosmarie etwa so fehl am Platz vorkam wie eine Bäuerin mit Kopftuch und Mist an den Gummistiefeln auf dem Wiener Opernball.
Rosmarie machte, wie schon so oft - zu oft? - in ihrem Leben gute Miene zum bösen Spiel und stieß tapfer um Mitternacht mit dem 18 Euro teuren Glas Champagner mit den anderen an. Und während man sich so gezwungenermaßen durch die Schickimickimenge prostete, stand sie plötzlich vor ihr. Die Wangen gerötet von Spaß und Champagner, die hochgesteckten roten Haare vom tanzen zerzaust und immer noch mit dieser glühenden Aura, streckte sie Rosmarie ihr Glas entgegen und wünschte ihr - mit einem, für Rosmarie viel zu langen, Blick in die Augen - ein gutes neues Jahr. Doch statt anschließend einfach zum Nächsten weiterzuziehen, so wie Rosmarie es erwartet hatte, schnappte sich Michelle ihre Hand, zog Rosmarie auf die Tanzfläche und meinte zu ihr nur, Mädel, du siehst aus, als hättest du etwas Spaß nötig.
Rosmarie wusste gar nicht, wohin mit sich und diesem Pochen, Ziehen, Sehnen. Und ihrer schrecklichen Nervosität. Was, wenn diese Frau mit dem göttlichen Leuchten plötzlich bemerkte, was mit ihr los war? Vielleicht würde sie sich angeekelt abwenden. Oder sie auslachen, sie lächerlich machen, sie bloßstellen.
Doch nichts davon passierte. Michelle hatte einfach nur Spaß und sie ignorierte jeglichen Versuch von Rosmarie, sich heimlich aus der Affäre zu ziehen. Sie hielt sie bei den Händen, tanzte und drehte sich und ihre ganze Lebensenergie schien langsam in Rosmarie zu fließen, sie anzustecken und mitzureißen und als ihre Kolleginnen sich irgendwann so gegen 2 Uhr nachts verabschiedeten, weil der gewünschte Traumprinz fürs neue Jahr auf dieser Veranstaltung doch nicht zu finden war, winkte Rosmarie ihnen nur kurz zu und ließ sich dann weiter vom Rhythmus der Musik tragen. Rosmarie konnte sich nicht erinnern, überhaupt jemals in ihren Leben so lang und vor allem so ausgelassen getanzt zu haben. Und als ihnen in der Morgendämmerung die Füße langsam zu sehr weh taten um sich auch nur noch einen Takt weiterzubewegen, schob Michelle sie Richtung Ausgang um erstmal gemütlich am Bahnhof mit ihr frühstücken zu gehen. Michelle, die sich mit einem solchen Selbstverständnis und einer solchen Natürlichkeit durchs Leben bewegte, als gehörte all dies ihr. Als wäre sie es, um die sich alles drehte und die mit ihren kleinen Gesten den Lauf der Welt bestimmte.
Rosmarie war fasziniert und hing an diesen wunderbaren roten Lippen, lauschte jedem Wort das sie verließ als wäre es Musik und konnte sich kaum für den Moment von ihr lösen, den es brauchte, um aus dem Taxi zu steigen.
Michelle. Die Inkarnation ihrer Sehnsucht, fleisch gewordener Traum. Rosmarie konnte gar nicht glauben, welch kitschige Gedanken ihr so duch den Kopf gingen, während sie sich nichts sehnlicher wünschte als dass diese Lippen sie endlich küssten. Ihre Hände sie da berührten, wo sie es am meisten brauchte und dieses Pochen tief in ihrem Innern wurde so stark, dass Rosmarie fast schon befürchtete, Michelle könnte es hören.
Und wie zum Beweis ihrer Angst beugte sich Michelle plötzlich zu ihr vor, legte eine Hand so auf Rosmaries Oberschenkel, dass sie schon fast zwischen ihre Beine glitt und legte ihre süßen roten Lippen auf die Rosmaries. In Rosmarie wallte für einen Moment Panik auf, der Gedanke an Flucht, und sie wollte zurückzucken. Doch Michelle, die göttliche Michelle, schien ständig zu ahnen, was in ihr vorging und legte ihr die andere Hand auf den Hinterkopf, vergrub ihre Finger in Rosmaries Haar und hielt sie fest, bis Rosmarie endlich losließ, den Kuss erwiderte und sie schmolz, zerfloß, erfand sich neu, dieser Kuss war, als würde sie zum ersten Mal die richtige Luft atmen. Sie war elektrisiert, das Blut pulsierte durch ihre Adern, ihr Herz schlug kräftig und regelmäßig und ihr wurde bewusst, dass sie lebte. Sie wurde ein Teil dieses Glühens, das sie nun beide umgab und sie konnte sich kaum von Michelle und ihren Lippen lösen.
Sie wäre am liebsten auf die Knie gesunken, jetzt und hier, in diesem Bahnhofslokal mit dem scheußlich starken Kaffee und der kettenrauchenden Bedienung hinter der Theke. Und wieder las Michelle in ihren Gedanken und flüsterte ihr ins Ohr, das heben wir uns für später auf.
Sollte es wirklich wahr sein? Hatte Rosmarie nach all den Jahren der unterdrückten Sehnsucht, der verdängten Lust wirklich die Eine gefunden, die es wert war, sich zu öffnen und die tatsächlich genauso tickte? Rosmarie kam das alles so unwirklich vor und gleichzeitig fühlte sie sich so lebendig wie nie zuvor in ihrem Leben.
Michelle zahlte und zog Rosmarie nach draußen. Du wirst mein sein, stellte sie beim verlassen des Lokals in ihrem nüchteren Selbstverständnis fest und bei diesen Worten flatterten Rosmarie die Schmetterlinge durch den Bauch und jemand zauberte ihr Wackelpudding in die Knie. Mein sein. Rosmarie hätte auf der Stelle den Boden küssen können, den Michelle eben noch berührte.
Diese rief ein Taxi heran, schob Rosmarie sanft hinein und rutschte hinterher. Sie nannte ihre Adresse und fing ungeniert an, Rosmarie im Fond des Wagens zu küssen. Rosmarie, die die 37 Jahre ihres bisherigen Lebens auch nicht im Traum darauf gekommen wäre, so etwas zu tun, ließ es einfach geschehen und genoß es, dass Michelle die Führung übernahm. Alles war gut. Sie hatte die Göttin mit der rot glühenden Aura bei sich und diese schob ihr einfach die Zunge in den Hals und die Hand unter die Bluse, so dass der Taxifahrer Mühe hatte, sich auf den Verkehr auf der Straße zu konzentrieren.
Irgendwann hielt er an, Michelle zahlte und zog sie nach oben, in ihre Wohnung. Du bist Mein, murmelte sie, kaum dass die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war. Und Rosmarie bebte unter diesen Worten, sank auf die Knie und senkte den Kopf. Ich habe mein ganzes Leben auf dich gewartet, erwiderte sie und Michelle legte ihr die Hand unters Kinn und zog ihren Kopf sanft so weit nach oben, dass sie ihr in die Augen sah. Ich weiß, meine Schöne, sagte sie nur, ich weiß.
Du wirst für mich durchs Tal der Tränen gehen und ich werde dich fliegen lassen. Du wirst mir dienen und ich werde dich beschützen. Ich werde dich demütigen und schikanieren und du wirst mich dafür lieben, so wie ich dich dafür lieben werden, dass ich all dies mit dir tun kann.
Rosmarie lief eine einzelne Träne über die Wange. Endlich. Endlich fühlte sie sich ganz. Sie war angekommen und würde nicht hinterfragen, woher dieses Wunder gekommen war. Sie würde sich nicht fragen, wie Michelle mit dieser rot schimmernden Aura, diesem Glühen, sie gefunden hatte. Sie würde es genießen und sie hoffte, sie konnte dies lange tun. Von ihr aus für den Rest ihres Lebens.
Michelle öffnete eine Tür und es war die Tür in ein neues Reich, in ein neues, intensives, buntes Leben, in das Rosmarie nur allzu willig und überglücklich auf allen Vieren kroch
Farbenspiel
Rosmarie stand vor dem Buffet. Heute war Dienstag. Dienstage waren gelb-weiße Tage, aber auf das Hähnchencurry mit Reis hatte sie keine Lust, also bestellte sie sich Spaghetti Carbonara, die rosa Schinkenstückchen werd ich dann zur Seite legen, Maissalat und zum Nachtisch, denn dienstags ist ein Nachtisch-Tag, ein Vanille-Eis mit frischer Ananas. Sie setzte sich mit ihrem Tablett zu ihren Kolleginnen, Mahlzeit allerseits, und fing an, ihren Maissalat zu essen. Sie lauschte dem Gespräch ihrer Kolleginnen. Wenn es nicht ums Wetter, Männer oder ihre Figur ging, drehte sich das Gespräch immer nur um diese eine Fernsehserie, diese neue, die, mit der furchtbar dünnen und immer so aufgeregten Ärztin, die alles richtig macht und trotzdem immer an die Falschen gerät. Rosmarie konnte nicht mitreden. Die Serie lief montags ab 23 Uhr, um diese Zeit lag sie bereits im Bett und schlief. Oder versuchte es zumindest. Um 23 Uhr wurde nicht mehr ferngesehen, denn unter der Woche war um 22:45 Uhr Schlafenszeit. 22:30 Uhr wurde spätestens der Fernseher ausgeschaltet, sie zog sich um, putzte die Zähne, besprühte die Orchideen mit einer kleinen Ration Wasser und las, wenn sie noch ein wenig Zeit hatte bevor das Licht ausging, noch ein paar Zeilen in dem Buch, das gerade auf ihrem Nachttisch lag. Im Augenblick war es Rubinroter Dschungel von Rita Mae Brown, ein herrliches Buch, doch ihre Kolleginnen kannten es nicht und würden es wohl auch nicht lesen, daher sparte sich Rosmarie einen Kommentar dazu. Oder zu der Serie, von der sie alles wusste, obwohl sie sie nie gesehen hatte, weil ihre Kolleginnen jede mögliche und unmögliche Gelegenheit nutzten, darüber zu sprechen. Als würden sie nur existieren, weil diese Serie existierte.
Rosmarie stellte das Tablett zurück in den Wagen, auf dem Teller fein säuberlich aufgeschichtet die rosa Schinkenstückchen, und ging noch ein wenig vor die Tür. Es war ein herrlicher Frühlingstag, die Sonne schien und die ersten Blumen sprießten, so dass die Bäume vor dem Bürogebäude in Mitten von bunten Farben standen. Zum Kiosk gegenüber ging Rosmarie nur noch selten und wenn, dann nur um sich Zeitschriften zu kaufen. Die Schublade ihres Schreibtischs beherbergte jetzt meist eine Box mit Obst, geschnittenen Äpfeln, Weintrauben, Sharonfrüchten, was ihr eben so in den Einkaufswagen gekommen war und zu den Farben des Tages passte. Selten hatte sie noch wirklich das Bedürfnis nach Schokolade, was sich auch auf ihre Figur ausgewirkt hatte. Sie war noch immer keine dürre Bohnenstange und Rosmarie wusste, dass Michelle darüber mehr als glücklich war, aber zwei Kleidergrößen hatte sie seit diesem schicksalhaften Silvester vor mittlerweile gut zwei Jahren doch verloren. Rosmarie fühlte sich wohl in ihrer Haut und das war ihr auch deutlich anzusehen. Auch wenn ihre Kolleginnen zum Glück nicht immer sehen konnten, wie wohl sich Rosmaries Haut an manchen Stellen anfühlte. Sie grinste und ließ eine Hand über die Pobacke gleiten und spürte den Schlägen vom Vorabend nach. Michelle hatte wieder einmal deutliche Spuren hinterlassen, worüber Rosmarie sehr glücklich war. Sie liebte es, hinterher Erinnerungen zu haben. Spuren, ein leichter Schmerz, noch einmal in Gedanken die Szene die dazu geführt hatte durchleben, den Stolz in Michelles Augen genießen und ihren eigenen dazu. Sie seufzte leise. Das Leben konnte so herrlich sein.
Um Punkt 17 Uhr verließ Rosmarie ihr Büro. Dienstags war kein Überstundentag. Daran hatte sich auch ihr Vorgesetzter gewöhnt. Dienstags war Entspannungstag und Michelle stand bereits vor dem Schwimmbad als Rosmarie ankam. Schwimmen, Sauna, dann nach Hause und noch eine ausgiebige Ganzkörpermassage für Michelle, Rosmarie wurde bei diesem Gedanken schon ganz kribbelig, jeden Zentimeter ihrer Königin berühren, mit Rosenöl massieren, sie verwöhnen bis schließlich Schlafenszeit war. Als die üblichen Saunagängerinnen nach kurzer Zeit gemerkt hatten, dass Rosmarie und Michelle ein Paar waren, hatte es ein wenig Getuschel und komische Blicke gegeben. Als Rosmarie dann auch noch mit blauen Flecken und Striemen in der Sauna saß, waren die Blicke sehr viel intensiver und offensichtlicher geworden und zwei resolute ältere Damen hatten Rosmarie Tipps zu Frauenhäusern und den Rat gegeben, es doch einmal mit Männern zu versuchen. Mittlerweile aber gehörten sie zum normalen Bild und niemand schaute mehr komisch sondern man unterhielt sich ein wenig über die üblichen Themen wie Wetter, Fernsehprogramm und die Neuen in der Sauna und alles war gut. Besser sogar, denn durch ihren offenen Umgang mit ihrer Liebe und deren spezieller Form hatten sich einige gute und sehr ausführliche Gespräche ergeben. Und mit Bettina und Carola hatten sie sich sogar ein wenig angefreundet, weil sich dann herausgestellt hatte, dass man zumindest in einer Richtung auf dem gleichen Pfad unterwegs war. Bettina hatte anfangs nur wissend, aber doch recht schüchtern, gegrinst und war nach einiger Zeit ebenfalls mit Striemen und blauen Flecken aufgetaucht. Sie bedankte sich fast schon bei Michelle und Rosmarie, weil sie sich vorher nach Sessions nie in die Saune getraut hatte und die zwei erfuhren, dass Bettina mit ihrem Mann ebenfalls eine D/s-Beziehung führte. Carola hatte sich nach einiger Zeit zu ihnen gesellt und dann sehr offen und freizügig zu erzählen begonnen, wie sie ihren Mann am liebsten knechtete und so waren sie eine eingeschworene kleine Gemeinde geworden, die zudem bei den anderen auch noch ein wenig missionarische Aufklärungsarbeit leisteten. Die soweit ging, dass manche sich tatsächlich Tipps für die eigene Beziehung und etwas mehr Pepp darin geben ließen. Wie offen und tolerant die Menschen doch werden konnten, wenn man ihnen mit gelassener Selbstverständlichkeit und vorgelebter Normalität begegnete.
Am nächsten Tag war rot-grüner Mittwoch und Rosmarie stand ratlos vor dem Buffet. Nudeln waren weder rot noch grün und nur die Tomatensauce wollte sie sich nicht bestellen und ein Schweinesteak mit Pommes passte auch nicht in die Farbskala, genauso wenig wie das Fischfilet mit Salzkartoffeln. Also lief alles auf eine große Portion Salat hinaus. Grüner Salat, Gurkensalat, rote und grüne Paprika, Tomaten und aha, es gab auch Heringssalat, der Dank der Roten Beete ebenfalls in die Skala passte. Manchmal war es nicht so einfach, sich an die Vorgaben zu halten. Nicht, weil sie Rosmarie nicht längst ins Blut übergangen waren, sondern weil ihre Umwelt sich natürlich nicht immer entsprechend anpasste und benahm. Neulich hatte sie mit ihrer Mutter telefoniert und diese hatte einfach nicht aufhören können, sich über ihren Vater und ihre mißratenen Geschwister zu beschweren, so dass Rosmarie statt um 22:45 erst um 22:50 Uhr im Bett lag. Sie hatte ja nicht einfach auflegen können, soviel Höflichkeit musste schon sein, aber trotzdem wurde ihr Verhalten natürlich entsprechend bestraft. Ein Schlag mit dem Rohrstock für jede Minute, die sie das Gespräch überzogen hatte und Nachtischverbot für eine Woche.
Es funktionierte, weil es so natürlich war. So selbstverständlich. Ausrutscher wie ein verlängertes Telefonat oder die falsche Farbe zum Essen oder dass sie doch mal zu wenig trank gab es selten und auch wenn die Strafen immer Strafen waren genoss Rosmarie sie auf ihre Weise trotzdem. Michelle tat nichts, was Rosmarie wirklich kränkte oder verletzte. Sie tat nur, was notwendig war – und, zum Glück, natürlich woran sie Spaß hatte. Fies war es beispielsweise, wenn es ein weiß-gelber Tag war und Michelle servierte ihr Abends ihre perfekte Lasagne, die natürlich auch rot in sich hatte und braun, dazu einen grünen Salat – wie fies – und als Nachttisch Rosmaries geliebtes Tiramisu. Wenn dann auch noch kein Nachtischtag war oder sie eigentlich Nachtischverbot hatte und sie aber natürlich trotzdem alles aß, weil ihre Königin ja schließlich extra gekocht hatte, dann ging sie am nächsten Tag sicher nicht ohne Spuren zur Arbeit. Gerne überzog Michelle auch mal selbst die Schlafenszeitregel, in dem sie Rosmarie im Bett an sich und zwischen ihre Beine zog und natürlich erst dann zufrieden war, wenn sie gekommen war. Wofür sie sich manchmal etwas mehr Zeit lies. Dann sah sie anschließend auf die Uhr und fing an, Rosmarie auszuschimpfen, weil es bereits weit nach 23 Uhr war und drohte dann entsprechende Strafen an, die spätestens am nächsten Tag auch folgten.
Rosmarie hatte immer von so einem Leben geträumt, doch dass es sich umsetzen lässt, davon war sie nie ausgegangen. Wer auf der Welt war schon genauso verrückt und pervers wie sie. Viel mehr Menschen als sie geglaubt hatte, hatte Rosmarie mittlerweile feststellen dürfen. Wie herrlich das doch war. Sie besuchten Stammtische, trafen Gleichgesinnte, ihr halber Freundeskreis bestand aus Menschen, die so oder so ähnlich lebten und tickten. So viele Jahre hatte Rosmarie in ihrem verträumten Luftschloss gelebt, ein schlafendes Dornröschen, und hatte fast zu spät gemerkt, dass Träumen gar nicht nötig war, weil man es leben, es genießen konnte, wie man war, wie man dachte, wie man fühlte. Michelle war, wonach Rosmarie immer gesucht, wonach sie sich immer gesehnt hatte. Nicht nur, dass Rosmarie endlich offen mit einer Frau lebte, ihre Mutter verstand ja so gar nicht, wieso Rosmarie nach der gescheiterten Ehe keinen Mann mehr mitgebracht hatte, an Michelle hatte sie sich nur sehr widerwillig gewöhnt, nein, Rosmarie konnte auch endlich genießen, zwar gleichwertig, jedoch nicht gleichberechtigt zu sein. Nach festen Regeln zu leben, benutzt und schikaniert zu werden, manchmal behandelt zu werden wie ein Stück Vieh, ein gut dressiertes Äffchen oder ein abgerichteter Hund. Misshandelt zu werden, bittersüßen Schmerz zu erleiden, gequält zu werden, bis sie weinte, gedemütigt zu werden, bis sie sich so klein und wertlos fühlte, dass sie nicht mehr anders konnte, als auf dem Boden vor ihrer Göttin zu kriechen, die sie dann aber wieder aufrichtete, neu erfand und sie so viel stärker und selbstbewusster auferstehen ließ, dass Rosmarie jedes Mal ein wenig mehr wuchs. Sie war wie ein Rosenstrauch, der hier und da gestutzt werden musste um dann mit den schönsten, duftensten Farben zu erblühen. Michelle war wie die Luft zum Atmen, die Rosmarie brauchte.
Mittwochs war kein Nachtischtag. Mittwochs war Teetag. Mindestens zwei Liter Tee waren dann von Michelle vorgeschrieben und Rosmarie, die vor der Beziehung mit Michelle nur Kamille- und Pfefferminztee gekannt hatte, war jetzt zu einer richtigen Tee-Expertin geworden. Heute früh hatte sie sich eine große Kanne grünen Tee mit Vanillearoma gemacht, jetzt nach dem Mittagessen gab es eine Südseemischung mit Kokos, Hibiskus und Ananas und heute abend würde sie sich noch eine große Tasse Rotbusch-Karamell-Tee gönnen. Früher hatte sie es gerade mal auf maximal zwei Gläser Wasser und eine Tasse Kaffee am Tag geschafft, manchmal hatte es abends in Gesellschaft auch noch ein Gläschen Sekt oder einen Cocktail gegeben, doch Rosmarie hatte viel zu wenig getrunken. Jetzt gab es die 2-Liter-Regel, die Michelle natürlich nicht ständig überwachen konnte, aber Rosmarie wäre es nie in den Sinn gekommen, die Regel nicht einzuhalten. Und bei einem Regelverstoß beichtete sie umgehend – oder gestand ihn ein, wenn Michelle danach fragte. Rosmarie hielt sich an die Regeln nicht, weil Michelle ständig mit dem Rohrstock hinter ihr stand. Sie hielt sich daran, weil sie es wollte. Weil sie es sich so ausgesucht hatte, weil es natürlich war und weil sie so in ihren Alltag, in ihr Blut übergangen waren, dass sie sich automatisch daran hielt. Und mittwochs war eben Teetag, also gab es heute literweise Tee. Morgen Abend würde es Popcorn und einen schönen kitschigen Film geben, weil donnerstags Popcorn- und Filmtag war, freitags war der offene Farbtag und alle zwei Wochen der Cocktail-Tag, samstags war der Einkaufs- und Putztag und der gemeinsam-kochen-Tag und so weiter und so weiter. Rosmarie liebte diese Regeln und Rituale. Die kleinen Schikanen im Alltag, die sie immer wieder daran erinnerten, wie gut sie es doch hatte und wie glücklich sie war. Sie liebte es, dass alles so schön plan- und vorhersehbar war und dass Michelle immer wieder dafür sorgte, dass es das eben nicht war. Diese Überraschungen, Sonderaufgaben und -regeln, zusätzlichen Einschränkungen, unlösbare Aufgaben, erzwungene Regelverstöße, langweilig wurde es nie. Kleine Zettelchen mit Aufgaben in der Obstdose, eine kurze sms mit sehr eindeutigen Anweisungen oder einfach nur einem Satz oder einer Frage, die in Rosmaries Kopfkino einen Großbrand auslösten.
Mittwochs war außerdem Lesetag, kein Fernsehen sondern zusammen mit Michelle auf die Couch kuscheln und lesen. Heute würde sie also Rubinroter Dschungel beenden und mit dem neuen Buch anfangen können, das Michelle ihr geschenkt hatte. Verliebt in eine Göttin, was für ein passender Titel. Aber natürlich würde sie mit dem Buch nur dann anfangen können, wenn Michelle nicht wieder etwas Besseres als lesen einfiel. Und ihr fiel sehr oft Besseres ein....
Kein Wort
Das kratzige Hanfseile schlang sich eng um ihren Körper und bei jeder ihrer Bewegungen rieb es seine Fasern tiefer in ihre Haut. Sie sah nichts, hörte nichts, die Maske nahm ihr jede Sicht, das Oropax tat ein Übriges. In ihrem Mund schmeckte sie den Slip ihrer Herrin, nass von deren Urin. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
Der Tag hatte wie die vergangenen Wochen auch immer den gleichen Ablauf. Ihr war auferlegt worden, sich sechs Mal am Tag selbst zu befriedigen. Morgens, direkt nach dem Weckerklingeln. Noch bevor sie zur Toilette durfte, direkt im Bett, neben ihr, ihrer Göttin, die ihr dabei meist zusah. Oder ihr aufzählte, was sie am Tag zu erledigen hatte, was es besonders erschwerte, da sie sich all diese Punkte merken musste. Vergessen führte Strafe nach sich und aufschreiben war nicht erlaubt. Das zweite und dritte Mal verbrachte sie auf der Toilette an ihrem Arbeitsplatz, erst in der Frühstücks-, anschließend in der Mittagspause. Beim vierten Mal musste sie immer besonders vorsichtig sein, denn das musste sie im Auto tun, kurz nach Feierabend, bevor sie ihren Weg nach Hause antrat. In den ersten Tagen war sie dann bereits so überempfindlich, dass es ihr schwer fiel, sich überhaupt anzufassen. Mittlerweile hatte sie sich an diese dauerhafte, leichte Überempfindlichkeit gewöhnt. Unangenehm war sie ihr trotzdem. Das fünfte Mal fand stets im Beisein ihrer Herrin statt, vor ihr kniend, im Wohnzimmer, direkt nach dem nach Hause kommen. Kein Hallo, kein Kuss, kein „Schatz wie war die Arbeit“, nichts. Sie schloss die Tür auf, begab sich ins Wohnzimmer, schob den Rock über die Hüften hoch und ging auf die Knie und befriedigte sich selbst. Bei diesem Mal ließ sie sich immer etwas mehr Zeit, öffnete sie sich immer etwas weiter, beschäftigte sie sich intensiver mit sich selbst. Denn sollte ihre Herrin einen Blick auf sie verschwenden, wollte sie gut sein. Anregend, erregend, ihre Herrin glücklich und stolz machen. Doch meist, tat sie desinteressiert, sah fern oder las Zeitung während sie versuchte, sich ihrer Lust hinzugeben. Doch es hatte etwas mechanisches, es war keine wirkliche Befriedigung, nur perfekt ausgeführte Handlung, wie ihr befohlen war. Während die einen keusch gehalten wurden lernte sie, dass ihre Lust nichts Besonderes war. Nichts Schönes, nichts Schätzenswertes – solange sie sie nicht mit ihr, ihrer Göttin, teilen konnte. Dann jedoch war ihre Lust der Wahnsinn, entlockte ihr Stöhnen und Schreien, ihr Unterleib bebte und kleine und große Explosionen erschütterten sie immer wieder. Doch nicht so, nicht auf diesem Weg. Dieser Weg war mechanisch und ihre Befriedigung war nur ein kurzer körperlicher Reiz, nicht mehr. Das sechste Mal fand dann wieder im Bett statt, während ihre Herrin von ihrem Tag erzählte oder sich die Zähne putzte. Kurz, schnell, beschämend. Ja, das war es in ihrer Gegenwart immer. Kalt und beschämend, weil ihr keine Aufmerksamkeit zuteil wurde. Ihrer Lust keine Aufmerksamkeit zuteil wurde. In diesen Momenten, während sie versuchte, in ihrem Kopfkino zu versinken um wenigstens einen kleinen Anreiz zu haben und während ihre Fingerspitzen immer wieder ihren Kitzler umkreisten und rieben, in diesen Momenten, wo sie eigentlich exstatisch stöhnen und sich winden wollte, sie die Finger ihrer Göttin spüren wollte oder deren Schläge, erhielt sie nichts. Und manchmal war sie nah dran, abzubrechen, sich schluchzend zusammenzurollen und darum zu betteln, aufhören zu dürfen. Gestreichelt und liebkost zu werden, Nähe und Wärme spüren zu dürfen. Aber so lief das nicht. Das gehörte nicht zum Spiel. Sie war das Spielzeug ihrer Herrin und ein Spielzeug hatte keine eigenen Gedanken und Wünsche. Es funktionierte. Sonst nichts.
Aber es war ja nicht immer so. Nein, sie bekam viel Wärme und Nähe und Aufmerksamkeit. Danach, dazwischen, manchmal, aber nur sehr selten, auch stattdessen. Dann stand ihre Herrin auf, griff ihr in die Haare, zog ihren Kopf zurück und küsste sie, biss sie, ihre Finger suchten sich ihren Weg und fickten sie, hart, so wie sie es mochte. Dehnten sie, während die andere Hand sie kratzte oder schlug oder ihr den Hals zudrückte bis sie sich endlich fallen ließ. Und flog. Das war der Sturm, sie war der Sturm, der dann über sie kam. Auf ihr, in ihr, sie völlig beherrschend. In diesen Momenten war sie glücklich. Und frei. Ein wahnsinniges Gefühl der Freiheit durchströmte sie und sie wusste, wofür sie das alles tat.
Auch heute war sie nach Haus gekommen, hatte sich den Rock hochgestreift und hatte sich vor sie knien wollen, da im Wohnzimmer, auf den Laminat. Doch ihre Göttin war ihr entgegengekommen, mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck, keine Wut, keine Freude, hatte sie an den Haaren gepackt, mit ein paar heftigen Backpfeifen auf die Knie gezwungen und sie hinter sich her ins Schlafzimmer geschleift. Verzweifelt hatte sie versucht, einen klaren Gedanken zu fassen. Was von ihrer Liste hatte sie heute vergessen? Doch bevor ihr etwas einfallen konnte, wurde sie unsanft aufs Bett gezerrt und mit dem Hanfseil fast völlig unbeweglich gefesselt. Angst durchflutete sie und gleichzeitig spürte sie die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen. Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper und doch konnte sie ihre Erregung nicht leugnen, sprachen ihren harten rosa Brustwarzen doch für sich. Ihre Herrin zog sich den Slip aus und urinierte vor ihren Augen darauf, so dass er fast triefte, zwang ihr den Mund auf und stopfte ihn hinein. Sie keuchte, während ihre Herrin den Slip mit einem dünnen Ledergurt um ihren Kopf fixierte. Sie wurde auf den Bauch gedreht und ihre Göttin begann, ihr mit der flachen Hand den Hintern zu versohlen. Harte, gleichmäßige Schläge. Und nachdem der erste bittere Schmerz aus ihrem Kopf vertrieben war, begann sie, es zu genießen. Sich ganz in dieses Gefühl fallen zu lassen. Diese ganz eigene Form der Liebkosung. Ihre Hände auf ihrem Körper hatten immer etwas Magisches. Egal ob zart oder hart, streichelnd oder kratzend. Oder eben schlagend. Diese Magie löste in ihrer Körpermitte ein unheimlich warmes Gefühl aus. Nicht nur Lust. Das auch, meist, aber nicht nur. Es war anders. Fast so, als würde jemand eine Saite in ihr zum Klingen bringen, die sie mit ruhigen und warmen Wellen erfüllte.
Ihr Hintern brannte, war ganz heiß geschlagen und ihre Göttin ließ von ihr ab. Wartete einen Moment und drehte sie dann wieder um, so dass sie nun auf dem Rücken vor ihr lag. Sie ließ ihre Finger zwischen ihre zusammengeschnürten Oberschenkel gleiten bis sie zur Feuchtigkeit vorgedrungen war, spielte damit, rieb sie zwischen ihren Fingerspitzen und sie konnte die Lust und die Macht in den Augen ihrer Herrin glitzern sehen. Suchte den empfindlichsten Punkt, rieb ihn, sah ihr dabei tief in die Augen, fixierte sie mit ihrem Blick, bis sie sich vor Lust wand. Doch kurz bevor sie soweit war, kurz bevor sie explodieren konnte, hörte sie auf. Holte die Klammern, setzte sich auf ihre Hüften, so dass sie jetzt die Feuchtigkeit ihrer Göttin auf sich spüren konnte und ihre Hitze, und fing an, ihre Brüste zu verzieren. Die Brustwarzen, ein kleiner Kreis um die Brustwarzen, ein großer Kreis drum herum. Sie ließ sich Zeit, genoss das Spiel mit dem Schmerz. Beobachtete ihre Reaktionen, ihr Gesicht, ihre Augen. Und nach dem alle Klammern aufgebraucht, begann sie nun, sich auf ihr sitzend selbst zu verwöhnen. Langsam, genüsslich, ihr immer in die Augen sehend. Noch immer war kein einziges Wort gefallen. Bis sie kam, leise, stöhnenden, sie spürte, wie die Muskeln ihrer Oberschenkel sich anspannten und die wachsende Feuchtigkeit auf ihrem Bauch erregte sie. So sehr, dass sie fast auch kam. Sie liebte es, ihrer Göttin dabei zusehen zu dürfen, sie zu spüren, während sie es tat. Sie zu hören und zu riechen. So gerne hätte sie sie jetzt geschmeckt, wäre so unheimlich gerne mit ihrem Kopf, ihrer Zunge zwischen den Oberschenkeln ihrer Herrin versunken und hätte sie gekostet. Sie seufzte in den Knebel.
Dann stand sie auf, nahm die Single-Tail vom Haken und kam mit einem leichten Lächeln zu ihr zurück. Dieses Lächeln hatte einen Unterton von Boshaftigkeit, so etwas Fieses, Teuflisches. Und es ernährte sich von der Angst, die in ihren Augen aufloderte. Denn ihr wurde schlagartig klar, war jetzt passieren würde. Und da holte ihre Herrin auch schon zum ersten Schlag aus und begann, die Klammern an ihren Brüsten einzeln wieder abzuschlagen. Sie war geschickt bei so etwas, aber diese Geschicklichkeit hatte sehr viel Übung vorausgesetzt. Sie erinnerte sich an die vielen Striemen, auch hinterher, auf ihrem Hintern, der natürlich herhalten musste, wenn es wieder einmal nicht so geklappt hatte, wie ihre Herrin sich das vorgestellt hatte. Aber jetzt war sie wie eine Virtuosin. Schlag für Schlag fiel Klammer für Klammer und jedes Mal stöhnte sie laut in den Knebel. Klammern tragen war schon schmerzhaft. Doch der Schmerz potenzierte sich, wurden die Klammern wieder entfernt. Die Single-Tail zischte und sie versuchte, nicht zu zittern, denn jeder Schlag, der doch daneben ging, würde sehr viele mehr nach sich ziehen.
Irgendwann war es geschafft, ihre Brüste pochten und die Klammern hatten eindrucksvolle Spuren hinterlassen. Der Schmerz, die Endorphine, das Adrenalin in ihrem Kopf, bekamen langsam die Oberhand und sie begann zu fliegen. Sie bekam Oropax in die Ohren, eine Augenmaske nahm ihr die Sicht, und dann begannen die Schläge auf die Oberschenkel. Immer noch die Single-Tail. Hart, beißend, Striemen hinterlassend, sie zählte die Schläge nicht mit. Sie ließ sich einfach immer weiter in dieses Gefühl fallen, bis es kein Schmerz mehr war, bis sie gar nicht mehr da war, bis sie frei war, sie flog. Völlig aus ihrem Körper befreit. Dass die Schläge weniger wurden, schließlich aufhörten, realisierte sie kaum. Erst als die körpereigenen Drogen in ihrem Gehirn langsam in ihrer Wirkung nachließen, wurde ihr bewusst, dass sie hier einfach nur noch lag. Sie spürte das kratzige Seil, die schmerzenden Oberschenkel, ein leichtes Brennen auf dem Hintern. Schmeckte den Slip und merkte noch immer die Druckstellen der Klammern an ihren Brüsten. Trotzdem konnte sie nicht genau sagen, wie lange sie hier schon lag, ohne dass etwas passiert war. Vielleicht waren es nur wenige Minuten. Vielleicht eine Stunde. Manchmal dauerte es sehr lang, bis sie von einem Flug zurückkam. War ihre Herrin da? Saß sie neben ihr, im Korbstuhl, und beobachtete sie? Das Bett war leer, außer ihr war niemand hier. Sie versuchte, sich ein wenig zu bewegen, aber das Seil hatte sie fest fixiert und die kleinen rauhen Fasern rieben unsanft an ihrer Haut. Sie wartete.
Nach einer Weile verspürte sie ein leichtes Hungergefühl. Es war sicher schon nach 19 Uhr. Wann war sie nach Hause gekommen, wie lange hatten sie gespielt? Wie lange lag sie schon hier, ohne dass etwas passiert war? Aber sie konnte nichts tun als warten. Vielleicht saß ihre Herrin auch im Wohnzimmer und sah fern. Vielleicht würde sie die ganze Nacht so, hier im Bett gefesselt und geknebelt liegend verbringen. Ohne Essen, ohne Trinken, ohne Zuspruch oder eine Decke. Vielleicht würde sie einfach bis morgen früh ignoriert werden. Vergessen, weil sie nicht wichtig war. Ein dicker Kloß machte sich in ihrem Hals breit. Vielleicht hatte sie es einfach nicht verdient, geliebt zu werden, liebkost und geküsst. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch genau in dem Moment, als ein erster Schluchzer im Knebel ersticken wollte, spürte sie ihre Finger. Weich, warm. Fingerspitzen, die die Striemen und Druckstellen streichelten, Lippen, die sie sanft berührten, trockene, zarte Küsse auf ihrer Haut. So wunderschön. Doch sie traute sich noch nicht, sich in diese Geborgenheit fallen zu lassen, auch wenn sie sie so sehr brauchte. Sie war auf der Hut. Aber lange konnte sie ihre mentale Abwehr nicht oben halten, so schön war das Gefühl der Finger, der streichelnden Hände, der Lippen auf ihrer Haut. Sie sehnte sich nach mehr, nach einem warmen, weichen Körper, danach, auch liebkosen zu dürfen, küssen zu dürfen.
Sie spürte, wie die Finger wieder zwischen ihre Beine wanderten, wie sich die Brüste ihrer Herrin an die ihren schmiegten, sie gestreichelt wurde, immer weiter. Fingerspitzen auf ihrem Kitzler, kreisend, reibend, die andere Hand löste ein wenig das Seil, so dass sie die Beine spreizen konnte. Die Lippen ihrer Herrin wanderten über ihre Brüste hin zum Bauch, leckten über die Lenden und verschwanden dann zwischen ihren Beinen. Sie ließ ihre Zunge kreisen und fing an, sie mit den Fingern zu ficken. Sie stöhnte, wand sich, das war die Lust, die sie empfinden wollte. Das war Lust. Keine mechanischen Handlungen, keine Kälte. Das war Hitze, das war Nässe, das waren Explosionen und Beben und all das und die ganze Nähe, die sind manchmal so vermissen musste.
Leicht außer Atem befreite ihre Göttin sie vom Seil, von der Maske, dem Knebel, den Oropax, küsste sie, leidenschaftlich und endlich durfte auch sie küssen und streicheln und verwöhnen, Lust bereiten. Haut an Haut, schwitzend, reibend, sich streichelnd, leichte Bisse, ab und an die Hand an ihrem Hals, zudrückend. Bis sie schließlich beide erschöpft nebeneinander lagen. Ihre Herrin zog sie zu sich, ganz eng. Nur noch Ruhe, Nähe und Geborgenheit.
Noch immer war kein Wort gefallen. Erst am nächsten Morgen wieder, als ihre Routine sie wieder in den Alltag zurückholte und das immer gleiche Spiel begann…
|